07 | Juni | 2019

Das Ende der Notch – die kurze Ära der Display-Einkerbung

Der zweite und der dritte Juni 2019 haben scheinbar das Ende der Notch eingeläutet. Auf ihren Twitterkanälen veröffentlichten die chinesischen Smartphone-Hersteller Oppo und Xiaomi jeweils einen kurzen Einblick in die Zukunft von Smartphone-Displays. Zu sehen sind in den kurzen Videos Smartphones, bei denen die Frontkamera völlig unsichtbar mit dem Display verschmilzt. Gerade die Platzierung von dieser war wohl bislang eine der größten Herausforderungen beim Design von möglichst randlosen Geräten. Somit könnten diese Bilder nicht nur das Ende der Notch, sondern auch für andere Übergangslösungen wie der Tear-Drop-Notch, Aussparungen in der Ecke des Displays oder mechanisch ausfahrbaren Varianten darstellen.

Die Einführung der Notch zusammen mit dem iPhone X im Jahre 2017 findet somit wohl ein schnelles Ende. Wirklich anfreunden konnte sich aber wohl niemand mit dieser damals neuen „Innovation“. Das Wort Innovation steht hier bewusst in Anführungszeichen, da streng genommen mit dem Essential Phone und dem Sharp Aquos S2 bereits vor Apple Geräte mit einer Notch auf den Markt gebracht wurden. Mit dem iPhone X wurde das Thema wohl aber erst so richtig befeuert. Im Vergleich zu vorherigen Apple-Geräten konnte das iPhone X zwar intern neue Maßstäbe setzen, was die Screen-to-Body-Ratio betrifft. Mit einem Wert von 82,9 Prozent war das Gerät aber schon längst von anderen abgehängt. Bereits im Vorjahr konnte das Xiaomi Mi Mix mit einem Verhältnis von 83,6 Prozent überzeugen. 2018 setze das Oppo Find X mit einer Screen-to-Body-Ratio von 93,8 Prozent die Messlatte noch mal ein gutes Stück nach oben.

Die Vision des randlosen Displays

Unter den Smartphone-Entwicklern scheint das randlose Display so was wie der Heilige Gral zu sein – das oberste Ziel. Designtechnisch könne es danach nur noch im Bereich Bionics weitergehen, also Devices, die direkt mit dem eigenen Körper verbunden sind. Diese Vision äußert zumindest Designer und Architekt Philippe Starck, der unter anderem für Apple und Xiaomi tätig war, in einem Interview mit The Verge.

„You don’t need to speak about evidence, you don’t propose evidence, everybody knows around our table that the main goal is the full-size screen. There’s no question.“

Philippe Starck im Intervie mit The Verge (Link unten)

Für ihn steht es außer Frage, dass sich das Design dahingehend entwickeln wird. An diesem Punkt müssen sich Smartphone-Hersteller dann auf andere Dinge fokussieren, um weiterhin aus der Masse hervorzustechen. Die vollständige Reduzierung auf das Wesentliche und die Entfernung aller Elemente, welche die Nutzererfahrung beinträchtigen, stellen das absolute Maximum dar, so Starck.

Berücksichtigt man die neuesten Veröffentlichungen von Xiaomi und Oppo, scheint dieses Ziel nicht mehr in allzu weiter Ferne zu liegen. Geräte wie das eben genannte Oppo Find X scheinen ohnehin schon sehr nah an dem zu sein, was technisch praktikabel ist – zumindest unter aktuellen Bedingungen. Mit der scheinbar unsichtbaren Einbettung der Frontkamera in das Display entfallen dann aber zusätzlich die beweglichen mechanischen Komponenten, die ebenfalls gerne kritisiert werden.

Wie funktioniert die Kamera im Display?

Einen Einblick, wie die unsichtbare Frontkamera funktioniert, gab Xiaomis Vice President Wang Xiang auf Twitter. Demnach soll der Bereich des Displays, in dem sich die Kamera befindet, transparent sein: ein schwach reflektierendes Glas mit „high transmittance“, also einer hohen Durchlässigkeit. Befindet sich das Smartphone nicht im Kameramodus, funktioniert der Abschnitt des Displays wie eine herkömmliche Variante. Das transparente Display soll hierbei gleichzeitig als Linse dienen – also eine Zwei-in-Eins-Lösung, wenn man so möchte.

Wie es jetzt genau mit den angeteaserten Smartphone-Modellen weitergeht, haben die chinesischen Hersteller noch nicht bekannt gegeben. Dass sich die kommenden Geräte der anstehenden Generationen in eine ähnliche Richtung bewegen werden, davon kann durchaus ausgegangen werden. Dann wird sich zeigen, was der nächste Meilenstein in Sachen Smartphone-Design sein wird. Vielleicht geht es dann ja weiter in Richtung vollständig transparenter Geräte, die quasi nur noch aus einem Display bestehen, wie hier in einem Video aus dem Jahr 2013 zu sehen ist:

Update, 12.10.2019: Es gibt Neuigkeiten in Sachen randloser Smartphone-Displays: Huawei stellt nächste Woche, am 17.10.2019, in Paris eine neue Produktserie vor. Auf dem ersten Teaser-Bild sieht man bereits, dass hierbei gänzlich auf eine Notch verzichtet wird.

Nun gibt es bereits erste Spekulation dazu, dass es sich bei den neuen Modellen um solche handele, bei denen die Selfie-Kamera unter dem Display liegt. Jeb Su, Principal Analyst and Technology Futurist bei Atherton Technology Research, hatte sich hierzu vergangenen Dienstag auf Twitter geäußert. Einen kurzen Artikel zum Thema gibt es bei WindowsUnited.

Ob wirklich etwas an den Vermutungen dran ist, wird sich spätestens am nächsten Donnerstag in Paris zeigen.

Update, 20.10.2019: Das Huawei-Event ist jetzt schon ein paar Tage her und leider gab es dort nicht die vermutete Ankündigung eines Smartphones mit versteckter Kamera unter dem Display.

Stattdessen präsentierte Huawei das Nova 5T, bei dem es sich lediglich um einen Rebrand des Honor 20 handelt. Das Gerät verfügt zwar über en nahezu randloses Display, eine Frontkamera sieht man aber trotzdem noch. Weitere Infos zum Event findet ihr im Blog von „Pascal, fertig los!“.

Quellen und Weiteres zum Thema: